Webseite optimieren – Dein Gehirn bestimmt Dein Webdesign

Website optimieren ist in erster Linie Kopfarbeit

Dass man „hirnen“ muss, um ein cooles und funktionales Webdesign auf die Beine zu stellen, hat sich bereits herumgesprochen. Das darf auch gerne mit dem markanten Aufruf verknüpft werden, nicht den Webauftritt einem Homepage-Baukasten zu überlassen. Ein Homepage-Baukasten hat weder Hirn noch Geschmack. Doch wusstest Du, dass Dein Gehirn maßgeblich auch Dein Webdesign bestimmt?

Okay – ein einfaches Beispiel, damit klar wird, um was es geht:

Dein Geschäftspartner antwortet auf Deine Frage hin, welches Fahrzeug auf dem Parkplatz seines sei, lediglich: „Es ist das schönste Auto von allen!“ Mit dieser – für ihn vielleicht glasklaren und absolut ausreichenden – Beschreibung ausgerüstet, machst Du Dich auf den Weg und siehst Dich gut fünfzig Fahrzeugen gegenüber. Gut, über die Hälfte davon fällt gleich mal weg, zu alt, zu hässlich, zu beschädigt, aber bei den anderen wird es schwer. Warum? Weil Du vermutlich in Deinem Leben andere Automarken gefahren hast als Dein Geschäftspartner, weil Du vielleicht andere Erfahrungen mit den Fahrzeugen und Automarken gemacht hast und nicht zuletzt, weil für Dich vielleicht ein Kombi viel schöner und praktischer ist als ein schnittiger Sportwagen. Es kann also sein, dass Du Dich verläufst, weil ihr beide einen ganz anderen Blick auf ein Auto habt, auf die Farbe, Form, Nutzen und so weiter. Spannend, was?

Eine Webseite sollte folglich auch nicht alleine nach Deinem Geschmack und Deinem Verständnis eines Designs erstellt werden. Gerade bei umfangreichen Webseiten mit vielen Funktionen hat sich hier der Test des Nutzerverhaltens bestens bewährt. What? Es ist doch so: Wir entwerfen eine Webseite und machen uns Gedanken, auf welche Buttons der User klicken soll, welche Elemente er zuerst ansieht, Struktur, Navigation, wie groß die Headlines sein dürfen und und und … Doch dann kommt es vor, dass der Besucher unserer – liebevoll bis ins Detail mit strategischem Sinn entwickelten und umgesetzten – Webseite kompliziert findet und trotz unserer Bemühungen auf die falsche Seite navigiert oder diesen einen Button übersieht. Um es auf den Punkt zu bringen: Deine Besucher wollen nicht nachdenken müssen, wo sie ihr Angebot oder ihre Information finden. Sie wollen blitzschnell zum Ziel kommen. Daher schadet es sicher nicht, mal über das Gedächtnis zu hirnen.

 1. Vom Einfachen zum Komplexen

Ein menschliches Gehirn denkt sich von einfachen Zusammenhängen in Schleifen stets weiter zu komplexeren Strukturen und Schwierigem hin. Diesem Sachverhalt sollten wir Rechnung tragen, indem wir die Webseite so aufbauen, dass sie vom Start weg keine Rätsel aufgibt und unseren Besucher nicht überfordert. Übrigens tragen zur Überforderung auch viele grafische Spielereien bei. Merke: Nicht alleine deshalb, weil Dein Webbaukasten so viele Dinge kann, solltest Du auch alle einsetzen! Weniger ist hier mehr.

2. Die vier Speichervarianten unseres Gehirns

Ein Gehirn unterscheidet – zum Glück!! – zwischen Impulsen, die es wert sind, behalten und gespeichert zu werden und solchen, die nur für den Moment eine Relevanz haben. Es wäre zu schön, wenn wir uns das selbst aussuchen könnten (z.B. wenn ich etwas lernen will und mir partout nicht behalten kann), doch das Gehirn entscheidet selbst, was in welchen Speicher gehört:

Im Ultrakurzzeitgedächtnis werden Sinnesreize gerade lange genug gespeichert (höchstens einige Sekunden), um aus der Kombination mehrerer Sinnesreize einen Kontext entstehen zu lassen.

Im Arbeitsgedächtnis werden unterschiedliche Inhalte immerhin für ein paar Minuten abgelegt, die wir in einem definierten Kontext für eine Weile benötigen. Du merkst Dir (hoffentlich), wo Du Dein Werkzeug ablegst, wenn Du endlich mal dazukommst, diese eine Sache im Haus zu reparieren, um nicht länger mit der Suche nach dem Arbeitsgerät beschäftigt zu sein, als mit der Reparatur selbst. Wo der Hammer in dem Moment lag, hast Du in zwei Stunden wieder vergessen.

Im Kurzzeitgedächtnis legst Du in der Regel Infos für mehrere Stunden ab (etwa bei Seminaren). Das Kurzzeitgedächtnis reicht an das Langzeitgedächtnis heran und durch gezieltes Wiederholen können lohnenswerte Inhalte ins Langzeitgedächtnis übertragen werden.

Im Langzeitgedächtnis speicherst Du schließlich die Dinge dauerhaft ab. Manche Dinge bleiben Dir im Langzeitgedächtnis ein Leben lang erhalten – hoffentlich gehört da der Hochzeitstag mit dazu. Jetzt kommt der Knackpunkt: Man kann zwar das Langzeitgedächtnis am ehesten mit der Festplatte eines Rechners vergleichen, doch arbeitet es anders. Neue Infos überschreiben nicht einfach die bestehenden Infos, um Platz zu schaffen. Neue Informationen werden an bereits bestehende Strukturen angepasst.

Okay, okay, das klingt kompliziert

Stell dir einfach vor, Du musst Deine Einkäufe aufräumen. Hoffentlich liegt bei Dir das Waschpulver nicht neben der Pasta, sondern im Bereich Putzmittel und die Pasta im Bereich Nudeln, Mehl etc. Deine Einkäufe werden also in bestehende Strukturen eingelagert, damit Du alles wieder findest und gleich an der richtigen Stelle suchst. Wenn jetzt jemand Deinen Haushalt komplett umräumt, weil dieser Jemand es so für besser und logischer hält, ist die Wahrscheinlichkeit extrem hoch, dass Du Dich nicht mehr zurecht findest und die Schuhe nicht im Kühlschrank vermutet hättest. Da jeder Mensch durch sein Wissen, seine Herkunft und Erfahrung eine andere Struktur im Langzeitgedächtnis errichtet hat, „tickt“ jeder Mensch ein wenig anders.

Wie sieht hirnfreundliches Design nun aus?

Jetzt geht es darum, das eben Erkannte für unsere Webseite umzusetzen:

Das Hirn sehnt sich nach wenigen Entscheidungen innerhalb eines Prozesses

Du kennst das Design Deiner Webseite wie eine Mutter ihr Kind kennt. Doch das muss nicht zwangsläufig für Deine Besucher gelten. Es braucht also – um im Bild zu bleiben – Deine Hand, die den Besucher führt wie die Mutter das Kind und es nicht allzu lange warten lässt. Ein Kind, das warten muss, quengelt. Also:

Deine Webseite sollte flutschen. Wer zu lange auf die nächste, aufgerufene Seite warten muss, verlässt Deine kostbare Webseite in der Regel schon bald wieder. Das gilt im Besonderen für Shops beim Abschluss einer Bestellung. Der Kunde soll ja nicht an der Kasse woanders hingehen, weil Deine Seite langsam lädt.

Eine klare Navigation mit flacher Struktur – also wenigen Ebenen – und ggf. unterschiedlichen Farben bei besuchten Links unterstützt Deinen Besucher, um an die gewünschte Info zu kommen und nicht zu verzweifeln.

Bei einem eCommerce-Projekt oder bei Produkt-Angeboten wünschen sich die meisten Besucher, Produkte und Angebote miteinander vergleichen zu können. Beispiel: Was unterscheidet Gerät A von Gerät B – beide sehen ähnlich aus, B kostet aber deutlich mehr. Auch hier gilt: Mache es Deinem Besucher nicht unnötig schwer, an die gewünschte Info zu kommen.

Biete dem Besucher nicht zu viele Optionen an, er könnte sehr schnell überfordert sein. Siehe unsere Feststellung eingangs des Artikels! Beispiel: Apple hat beim iPhone alle Knöpfe weggelassen bis auf diesen einen, runden. Das haben die Benutzer geliebt, die sich zuvor mit drei, vier oder gar fünf Schaltflächen auseinandersetzen mussten.

Erfahrungen prägen die Entscheidungen der Besucher

Du erinnerst Dich (da im Arbeitsgedächtnis abgelegt), dass Du mit der Denkstruktur Deines Besuchers rechnen musst. Also achte bei der Erstellung Deiner Webseite darauf, dass durch Struktur und Wortwahl alle Informationen, die Du bereitstellst, vom Kunden schnell gefunden und gut aufgenommen werden können. Ein einfaches Beispiel: Bei komplexen Produkten oder Angeboten kann ich entweder alle Informationen untereinander stellen und mir überlegen, welche Info oben und welche unten stehen muss. Im schlimmsten Fall stehen diese Informationen bei unterschiedlichen Produkten an anderer Stelle (bei Produkt A steht die Leistung ganz oben und die Abmessung ganz unten, bei Produkt B ist es genau anders herum). Du kannst aber auch durch „Karteikarten“ über Reiter die Infos nebeneinander stellen, sodass der Kunde gleich auf einen Blick sieht, wo er die gewünschte Info gleich findet. So erzeugst Du Interesse und steigerst die Wahrscheinlichkeit, dass der Besucher dran bleibt.

Rom bei Nacht. Ein praktisch wegweisendes Beispiel

In der Straßenverkehrsordnung hast Du damals zur Führerscheinprüfung einige Verkehrsschilder und noch mehr Regeln gelernt. Du weißt – hoffentlich immer noch – ganz genau und intuitiv, was Du wo erwarten kannst und machen darfst, solltest Du ein Schild sehen. Und Du weißt auch damit richtig umzugehen. So ähnlich darfst Du das auch auf eine Webseite übertragen sehen und erwarten. Wenn Du hier aber die – sorry – italienische Version wählst, also „Rom bei Nacht im Kreisverkehr“, dann wird es krachen ;-)

Diese Struktur und auch Wortwahl solltest Du deshalb dringend auch auf Dein Navigationsdesign übertragen. Deinem Besucher und Kunden wird schnell der richtige Weg gewiesen, die gewünschte Information schnell und geradlinig zur Verfügung gestellt. Eine verwirrende Navigation – ala Rom und Kolosseum bei Nacht – schreckt jeden ab. Dazu gehört auch wieder, in der Navigation die Auswahl an Optionen auf ein Minimum zu beschränken. Du hast treffend bemerkt, beim Navigationsdesign sprechen wir nicht in erster Linie das Gedächtnis an, sondern die Wahrnehmung unseres Besuchers. Er soll schnell wahrnehmen können, wo er welche Info findet. Merke: Auch die treffende Bezeichnung hilft dem Besucher, gleich auf Anhieb den richtigen Link anzuklicken. Übrigens helfen bei Links auf den Seiten selbst auch große, aussagekräftige Symbole dabei, einen Hinweis, wo eine Information zu finden ist, schnell zu erkennen.

Fazit: Klare Struktur, Worte, Design-Elemente

Unterm Strich gelten für uns jetzt ein paar Regeln, die unsere Besucher honorieren werden.

  1. Schnelle Erreichbarkeit, schnelle Ladezeiten.
  2. Ein klarer, übersichtlicher und einheitlicher Auftritt – das entlastet den Betrachter und hält ihn bei Laune, er findet sich schneller zurecht. Wichtig ist, dass sich grundlegende Elemente immer an der selben Stelle befinden; etwa die Seitenleisten, Footer, Hauptmenü etc.
  3. Ein einfacher Design-Ansatz ist nicht so spektakulär, aber benutzerfreundlicher, wenn Du nicht gerade im Gamer-Bereich aktiv bist. Wir wollen das Auge unseres Besuchers ja nicht überfordern.
  4. Sorge für eine flache, klare Struktur Deiner Seiten und Deines Navigations-Menüs.
  5. Achte auf eine positive Nutzererfahrung, indem Dein Besucher Deine Seite durchweg positiv erlebt. Hier spielt das Design einen wichtigen Trumpf aus; Übersichtliche, großzügige Aufteilungen an Bildern, Infos und Schaltflächen wirken einladender als eine Seite mit eng beieinander liegenden Tabellen, Bildern und einem Wulst an Text (auch berüchtigt unter der Bezeichnung „Textwall“ – Textmauer). Deine Webseite sollte eher an eine Erzählung erinnern als an einen Artikel der Encyclopedia Britannica. Das gilt im Übrigen auch für Deine Texte. Sie dürfen durchaus leicht verständlich mit leichter Hand geschrieben sein, damit Dein Besucher keinen Abschluss in Sprachen haben muss, um hinter die Informationen Deines Textes zu kommen.

Sei wegweisend gegrüßt und lies ruhig einmal wieder die Bedeutung unser geliebten Verkehrsschilder durch ;-) Oder lass es, hauptsache, Dein Navigationsdesign stimmt.

Edgar Sonnenfroh

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